Wer als Bielefelder nach Berlin zieht, erlebt die erstaunlichsten Dinge. Und findet an jeder Ecke und jedem Kiez andere Arminen. Ein Erlebnisbericht von Philipp Köster

Es gibt keinen schlechteren Monat, um nach Berlin zu ziehen, als den Februar. Kein Blatt an den Bäumen, die Menschen griesgrämig, die Schlaglöcher auf den Ausfallstraßen mit Eiswasser gefüllt und nachts schneidet dir die windige Kälte wie eine Kreissäge durchs Gesicht. Dann aber blickte ich eine Woche nach Einzug am benachbarten Haus hinauf und erblickte im zweiten Stock auf dem Balkon eine Arminia-Fahne – mitten in Friedrichshain. Da wusste ich, dass ich nicht allein bin mit meiner Leidenschaft für den Sportclub der Ostwestfalen.

Was ich nicht ahnte: wie viele Bielefelder es in Berlin gibt. Keine Party, auf der nicht irgendein knotiger Ostwestfale dich am Buffet anquatscht („Ich war auf dem Ratsgymnasium“). Kein Supermarkt, wo nicht an der Kasse einer versehentlich versucht, mit seiner Arminia-Dauerkarte zu bezahlen. Und kein Elternabend, auf dem nicht ein Vater vorschlägt, beim nächsten Klassenausflug auch mal Pickert als Wegzehrung mitzunehmen.

Sie alle, ob gebürtig aus Hillegossen, Sieker oder Heepen, vereint die Liebe zur Arminia. Man trifft sich Samstag um 11 am Hauptbahnhof beim Warten auf den Zug in die Heimat und natürlich in den einschlägigen Kneipen – früher im „Enzian“ in der Yorckstraße, wo eine Ostwestfalen-Karte an der Wand hing und Spengemanns Bratwurst zum Herforder serviert wurde und heute in der „Tante Käthe“, wo sich die Bielefelder an den blauen Trikots und den Knollnasen erkennen.

Besonders sichtbar wurde die Präsenz der Arminia in der Hauptstadt nach dem gewonnenen Halbfinale. Da dröhnte aus zahlreichen Fenstern der Klassiker „Wie schön sind deine Tore!“ und trugen am nächsten Morgen viele Bielefelder stolz ein Gerry-Weber-Trikot in der S-Bahn. Warum nicht zeigen, wenn es einem gut geht!

Ärger mit anderen Fans gibt es nie. Schon weil innerhalb des S-Bahnrings hunderttausende Immigranten wohnen, die alle ihren eigenen Klub mit nach Berlin gebracht haben. Werder, HSV, die Eintracht, Galatasaray und Fenerbahce – jeder hat hier seinen eigenen Herzensklub und seine eigene Kneipe. Sie alle leben in friedlicher Koexistenz mit den Einheimischen, mit Herthanern, Unionern, mit Anhängern von TeBe und BFC.

Die einzige Herausforderung für Exil-Arminen ist die Nachwuchspflege. Die Kinder auch zu Arminen zu machen, obwohl die Alm fern ist und Drittligaspiele nicht der heißeste Scheiß sind, ist bisweilen arg kompliziert. Ich weiß, wovon ich rede: beide Söhne sind Herthaner geworden (und werden demnächst über ihre Enterbung informiert).

Aber wir können uns trösten: Ab dem 24.Mai können wir auch in Berlin ganz anders auftreten. So als Pokalsieger.